Der NSU lacht sich vorm Fernseher ins Fäustchen

 
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Mitschuld an 10 Morden, 15 Raubüberfällen, schwerer Brandstiftung und etlichen Sprengstoffanschlägen. Das sind die Verbrechen, die der angeklagten Beate Zschäpe vorgeworfen werden. Seit Wochen berichtet die gesamte deutsche Medienlandschaft über ihren Prozess – doch im Vordergrund stehen immer wieder nur peinliche organisatorische Pannen. Falls sich noch weitere NSU-Mitglieder versteckt halten, so sitzen diese wahrscheinlich gemütlich daheim und beobachten belustigt, wie immer wieder über weitere Prozess-Störungen berichtet wird.

Bereits am 5. März lesen wir von Email-Sendeproblemen, als das betreffende Gericht die Akkreditierungsbedingungen bekannt geben möchte. 3 Wochen später werden die 50 zugelassenen Journalisten bekannt gegeben, darunter jedoch kein einziger aus der Türkei, obwohl doch 8 der 10 Mordopfer türkisch waren. Es kommt vermehrt zu Protest und starken Kritiken bis schließlich der Prozesstermin um knapp 3 Wochen verschoben wird.

Inzwischen schüttelt ganz Deutschland den Kopf über die fast täglich neu eintreffenden Pannenmeldungen. Als schließlich bei einer Verlosung der Sitzplätze keine einzige große überregionale Tageszeitung, dafür aber unter anderem die Zeitschrift „Brigitte“ ausgelost wird, bricht noch mehr Chaos aus. Von allen Seiten kommen zynische Kommentare über die anscheinende Unfähigkeit der zuständigen Behörden. Vor allem im Web wird heftig diskutiert. Die grauenhaften Verbrechen des NSU erwähnen die Medien dabei nur noch am Rande.

Als nun endlich am 7. Mai der erste Prozesstag stattfindet und doch nur mit einer weiteren Verschiebung endet, liest man in diversen Medien von  Zschäpes „arrogantem Lächeln“ oder der vielleicht provokativen Wahl ihres Outfits: „Sie schien sich im Glanz der Kameras zu sonnen und genoss es offenbar, im Mittelpunkt zu stehen.“(Die Welt). Der Autor klingt verwundert. Hat er denn nach diesem Vorspiel eine bedrückte Angeklagte erwartet? Der ganze Prozessablauf ist eine Schande für die deutschen Behörden und ein Vergehen an den Familien der Angehörigen. Selbst der Verteidiger Zschäpes zeigte sich erstaunt über eine erneute Verschiebung von einer ganzen Woche.

Der Autor des besagten Welt-Artikels zitiert weiter unten die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU): „Viele Migranten haben ihr Zutrauen zum deutschen Rechtsstaat und in seine Institutionen verloren.“ – Ich kann es ihnen nicht verdenken. Die Behörden versagen, Zschäpe lächelt und die Medien berichten über ihr Outfit. Was bleibt ihnen auch anderes übrig, inhaltliche Neuigkeiten scheint es auch in absehbarer Zeit nicht zu geben.

Corinna Günther

Ich bin eine sprachbegeisterte Hobby-Fotografin mit Liebe zum Detail. Seit der Lektüre von Pascal Merciers "Nachtzug nach Lissabon" verliebt in die Philosophie, möchte ich das Leben im Alltag mit mehr Achtsamkeit beobachten, genießen und verknüpfen.

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