Durch das Crowdfunding-Projekt der Aupair-Reporter habe ich an meine eigene Zeit als modernes Dienstmädchen zurück denken müssen. Ich berichte ja immer wieder ein bisschen darüber – allerdings bisher ausschließlich über meine zweite Gastfamilie. Angefangen hat mein Aupair-Abenteuer ziemlich dramatisch…
Hier kommt meine Geschichte:
2008 war ich nach dem Abi noch sehr planlos und hab wie viele andere auch sehr spontan beschlossen, ein paar Monate ins Ausland zu gehen. Dafür hab ich mich bei aupair-world angemeldet, weil ich der Meinung war, für einen Aufenthalt in Europa bräuchte ich keine teure Agentur. Nach einigem Suchen habe ich mich zugegebenermaßen etwas blauäugig für eine irische Familie in der Nähe von Dublin entschieden, die mir sehr kurze, aber freundliche Mails schickte und bei der ich ein eigenes Zimmer hatte. Im Nachhinein würde ich viel mehr zwischen den Zeilen lesen und stutzig werden, wenn die Familie sich über einen längeren Zeitraum hinweg gar nicht mehr meldet.
Bei der Ankunft am Abend war alles noch aufregend und die Eltern kamen mir beide sehr nett vor. Die nächsten 2 Tage war ich von morgens bis abends mit der Mutter und den Kindern zusammen, was wiederum anstrengend aber völlig in Ordnung war. Die Kinder waren sehr aufgeweckte dreijährige Zwillinge (Junge und Mädchen) und ein fünfjähriges Mädchen, das sich deutlich vernachlässigt fühlte. Schon am dritten Tag war ich dann über mehrere Stunden (ca. 5) hinweg mit den Kindern allein zu hause und sollte nebenbei das ganze Haus saugen, wischen, die Wäsche machen und bügeln (!). Für mich als 19-jähriges doch etwas verwöhntes Mädchen war das sehr anstrengend. Vor allem da die Kinder nicht besonders gut erzogen waren und ständig Aufmerksamkeit verlangten und sich stritten. Nach drei solchen Tagen kam die Mutter mittags nach hause, als die Kinder sich gerade richtig wild stritten und ich überfordert versuchte, zu schlichten. Sie zeigte mir deutlich, dass ich strenger und lauter werden müsste.
Am nächsten Morgen teilte sie mir sehr kurz mit, dass das mit uns nicht zu klappen schien. Ich versuchte, sachlich nach einer Lösung zu finden und schlug ihr vor, dass ich noch einen Monat bleiben würde, weil in 4 Wochen meine Eltern nach Irland kämen. Bis dahin hätten wir beide Zeit, nach einer neuen Familie bzw. Aupair zu suchen. Im Grunde kam ich ja mit den Kindern klar, es war nur sehr anstrengend und für mich war das ein sehr guter Kompromiss. Die Mutter willigte ein und verschwand.
Etwa 5 Tage danach kam es dann zu dem Unglaublichen: Die Mutter sagte mir – kurz bevor sie das Haus verlies – dass in 3 Tagen das neue Aupair kommen würde und ich bis dahin verschwunden sein müsste. Man kann sich vorstellen, dass ich völlig fassungslos war. Selbst wenn ich so kurzfristig einen Heimflug finden konnte, wollte ich nicht nach 2 Wochen bereits wieder nach hause zurück kehren. Ich fühlte mich gleichzeitig hintergangen und wie eine Versagerin und telefonierte erst einmal lange mit meiner eigenen Mutter auf Kosten des Hauses. Als ich dann am Nachmittag frei hatte, schrieb ich am Computer der Familie viele Nachrichten an neue Aupair-Suchende. Ich berichtete von meiner Lage und schreib gleich meine neue irische Handynummer dazu.
Um es abzukürzen: Am zweiten Abend hatte ich tatsächlich eine Familie gefunden, deren Aupair kurzfristig abgesagt hatte und die mich sogar abholen konnten. Bis heute habe ich die Abschiedsworte der Aupair-Mutter im Ohr: „See you“, sagte sie und ich dachte mir nur „Mit Sicherheit nicht mehr“.
In der neuen Familie lief dann einiges besser und vor allem kam ich mit den Kindern (6 und 8) super klar. Bei der Hausarbeit war auch nur das Nötigste zu tun (saugen, etwas kochen und Kinderzimmer aufräumen) und das konnte ich erledigen, während die Kinder in der Schule waren. Obwohl es auch in der 2. Familie zu einigen Reibungen kam (sie waren südländische quirlige Mädchen gewöhnt, die am liebsten nie wieder in die Heimat zurückkehren wollten – feste Arbeitszeiten hatte ich gar nicht und musste viele Wochenendverabredungen absagen, weil ich plötzlich doch daheim sein sollte) – war ich am Ende sehr froh, nicht so schnell aufgegeben zu haben. Vor allem, als der Vater, mit dem ich am wenigsten klar gekommen war, mir beim Abschied sagte, dass die Kinder mich mehr vermissen würden als alle bisherigen 8 Aupairs. Dieses Kompliment hat viele bittere Momente wieder wettgemacht.
Mädchen, die Aupair werden möchten, würde ich Folgendes raten:
– nehmt euch im Vorhinein Zeit, die Familie richtig kennen zu lernen. Telefoniert auch, obwohl es Überwindung kostet und achtet mehr auf die Art, wie die Eltern von ihrem Familienleben schreiben (denn da seid ihr bald ein Teil davon, wenn es gut läuft!) – und weniger auf materielle Dinge und die geografische Lage.
– seid euch immer im Klaren, dass ihr a) in eine fremde Familie und b) in eine fremde Kultur kommt. Ich war als deutsches Mädchen den Iren zu still, zu pünktlich und ich hab zu viel gelesen statt mein Taschengeld für Party oder einen Sprachkurs auszugeben (der Aupairvater meinte ich sei smart, er hätte lieber italian girls – ohne Worte).
– traut euch, Probleme anzusprechen! In der zweiten Familie habe ich auch oft viel zu spät mein Geld bekommen und natürlich war es mir sehr unangenehm, jeden Tag danach fragen zu müssen. Wenn ihr merkt, dass ihr mit den Eltern gar nicht reden könnt, überlegt euch einen Familienwechsel (aber sagt es den Eltern rechtzeitig, damit es ihnen nicht so wie mir in der ersten Familie geht!)
– und zu guter Letzt die alte Weisheit: auch schlechte Erfahrungen bringen dir etwas. Ich war zum Beispiel von mir selbst erstaunt, dass ich mit der Situation so gut umgehen konnte und nicht gleich aufgegeben habe. Und am Ende habe ich wirklich sehr viel „vom Leben“ gelernt =)