Die Demokratie – unser höchstes Gut?

 
10 Mag ich
1 Sekunde

Triggerwarnung: Es wird politisch. 

Überall in den sozialen Netzwerken tauchen spätestens seit dem EU-Referendum in Großbritannien Witze über Volksentscheide auf. Es folgte die Trump-Wahl und schließlich Erdogans Referendum. Alles demokratische Abstimmungen, deren Ausgang zumindest hier in Deutschland oft als „dumm“, „lächerlich“oder „gefährlich“  bezeichnet wird.

Ich finde, es ist längst Zeit, sich intensiver mit der Demokratie zu beschäftigen. Für mich persönlich, aber auch generell für alle, die in einer Demokratie(form) leben. Mein Eindruck ist, dass der Begriff Demokratie schon früh als Nonplusultra moderner Gesellschaft vermittelt wird: die Demokratie als höchstes Gut, die Volksherrschaft als einzig vernünftige / kluge / gute Staatsform. So wird sie – meiner Beobachtung nach – in vielen Gesprächen und Texten dargestellt. Auf der anderen Seite ist vielen Mitgliedern einer solchen Staatsform gar nicht klar, was sie eigentlich bedeutet. Und dass es sehr unterschiedliche Formen davon gibt.

Demokratie hat viele Gesichter

Demokratie bedeutet grundsätzlich nicht mehr und nicht weniger als Herrschaft des Volkes, soviel ist klar. Das klingt erst einmal (aus unserem modernen Bauch heraus) sehr positiv und erstrebenswert: Wir sind Teil des Volkes und wir möchten mitbestimmen, wie wir leben. Aber wie diese Herrschaft konkret umgesetzt wird – das ist wie gesagt sehr unterschiedlich und kann durchaus weniger positiv für den Einzelnen sein. Das fängt an mit der grundsätzlichen Entscheidung, ob es sich um eine direkte oder indirekte Demokratie handelt. Aber auch in direkten Demokratien ist fraglich, ob bei einer Entweder-Oder-Wahl 51% aller Stimmen (bzw. nur jener, die überhaupt wählen waren und vorausgesetzt, die Wahl ist komplett rechtens abgelaufen!) – ob diese absoluten Mehrheit ausreicht, um „den Willen des Volkes“ widerzuspiegeln.

Ich bin keine Politik-Expertin und möchte an dieser Stelle nicht weiter ins Detail gehen. Es geht mir um die eingangs genannte Grundsatzfrage: Ist die Demokratie automatisch die beste Staatsform? Falls ja, warum? Viele werden wahrscheinlich antworten, dass sie viele Schwachpunkte aufweise, wir jedoch keine Alternativen hätten. Und in Deutschland funktioniere es ja schließlich ganz gut… oder?1

Eine kritische Grundeinstellung

Die (augenscheinliche) Alternativlosigkeit ist für mich aber kein Grund, das Nachdenken sein zu lassen. Vielleicht gibt es Staatsformen, die uns bisher noch nicht eingefallen sind. Oder es reichen kleine Änderungen, um „tragische“ Ausgänge von Abstimmungen wie in Großbritannien, den USA oder der Türkei zu verhindern. Mein (vielleicht philosophischer) Anspruch: Nichts für selbstverständlich halten und damit auch nichts für selbstverständlich gut.

Zum Schluss sei noch gesagt, dass diese kritische Einstellung für mich nicht bedeutet, in allem nur das Negative zu sehen. Denn auch der Begriff der Kritik wird häufig falsch bzw. einseitig verwendet: als Aufzählung von negativen Eigenschaften. Ein kritischer Mensch sieht aber in jeder Angelegenheit viele Seiten.

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1Zum Thema Demokratie in Deutschland kann ich die aktuell letzte Sendung der Anstalt (ZDF) empfehlen.

Corinna Günther

Ich bin eine sprachbegeisterte Hobby-Fotografin mit Liebe zum Detail. Seit der Lektüre von Pascal Merciers "Nachtzug nach Lissabon" verliebt in die Philosophie, möchte ich das Leben im Alltag mit mehr Achtsamkeit beobachten, genießen und verknüpfen.

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