Das Thema Achtsamkeit ist mir in den letzten Jahren immer mehr ans Herz gewachsen. Es ist gefühlt das Titelthema auf jeder zweiten (Frauen-)Zeitschrift und eine Art Gegenbewegung zum immer stressiger werdenden Alltag. Doch der Begriff der Achtsamkeit enthält mehr als viele meinen.
Innere und Äußere Achtsamkeit
Zum einen sollte unterschieden werden zwischen innerer und äußerer Achtsamkeit. Bei ersterer bin ich ganz bei mir selbst, bei meinen Gefühlen und Gedanken. Die zweite Art ist dagegen auf die Außenwelt gerichtet – ich habe hierzu schon einmal ein paar Übungen aufgeschrieben.
Die äußere Achtsamkeit enthält für mich aber wiederum Unterscheidungen. So verbinden viele damit lediglich die bewusste Wahrnehmung von Tätigkeiten, Geräuschen, Gerüchen etc., so wie ich es in dem oben genannten Beitrag auch beschrieben hatte. Aber mir fehlt eine Achtsamkeit gegenüber anderen Menschen, die ich ethische Achtsamkeit nennen möchte.
Ethische Achtsamkeit
Ein ganz typisches Beispiel: Ich stehe am überfüllten Bahnhof, der Zug ist gerade eingefahren und die Menschen um mich herum sind in Eile. Diejenigen, die hinein wollen, stellen sich am Rand der Tür auf, um eine Gasse zu bilden. Doch fast immer gibt es ein paar Reisende, die es kaum erwarten können, in den Zug zu steigen. Vor ein paar Tagen hat sich da sogar ein Mann vor einen Blinden gedrängelt, der in der Gruppe der Wartenden ganz vorne stand. Und in Bussen und Straßenbahnen wird selten Platz für Kinderwägen und Behinderte gemacht.
Ich bin jedesmal ein Stückchen fassungslos und frage mich, was in diesen rücksichtslosen Menschen vor sich geht. Ist es Bosheit? Nein, ich bin mir sicher, in den meisten Fällen ist es ein Mangel an ethischer Achtsamkeit. Wir sind alle fokussiert auf uns selbst, unser Ziel, unsere Probleme und unsere Aufgaben für den Tag. Aber im öffentlichen Raum sind wir nicht alleine.
Wir haben eine ethische Verpflichtung, die Sinne zumindest so weit zu öffnen, dass wir Bedürftigen nicht eine zusätzliche Last sind.
Natürlich müssen wir nicht gleich die Welt verändern und ich verlange nicht einmal, dass jeder sofort aufspringt und zur Hilfe eilt, wenn jemand bedürftig ist. Aber unsere Scheuklappen sollten nie so weit geschlossen werden, dass wir blind für unsere Mitmenschen sind.