Ich muss mir eben mal was von der Seele reden.
Vorhin war ich am Hauptbahnhof, als einem Mann vor mir ein Geldstück herunter fiel. Ich ging hin und hob es auf – zwar nur zwei Cent, aber natürlich lief ich zu dem Herrn und hielt ihm die Münze hin. „Das ist Ihnen eben heruntergefallen“, sagte ich. Der Mann sah mich mit einem grimmigen, unverständnisvollen Blick an, sagte „Mähemenee-mena“, schüttelte den Kopf und ging weiter.
Was hatte ich erwartet? Ein „Ach, vielen Dank“ zum Beispiel. Auch wenn zwei Cent kein Vermögen ist – ein höfliches Danke finde ich doch angebracht. Jetzt kann es natürlich viele Gründe für das (für mich seltsame) Verhalten des Mannes geben. Er spricht kein Deutsch (Nicken und Lächeln geht trotzdem), er hatte einen schlechten Tag oder gleich ein ganzes schlechtes Leben. Aber hey, für ein Stückchen Höflichkeit sollte trotzdem noch Luft sein.
Ein Automatismus
Vielleicht bin ich super naiv. Vielleicht hätten die meisten das Geldstück gar nicht aufgehoben. Vielleicht hätten einige mit ähnlichem Unverständnis reagiert. Aber ich hab in dem Moment nichtmal nachgedacht, für mich ist das wie gesagt eine Selbstverständlichkeit. Auch wenn es ein Zettel gewesen wäre. Wie der Mann wohl reagiert hätte, wenn es ein Euro gewesen wäre? Oder zehn?
Fragen, die mich beschäftigen. Ich wurde vor allem an eine andere Situation erinnert: Diesen Sommer haben wir eine Flaschenpost am Rheinufer gefunden. Ein kleiner Junge hatte mit seinen Eltern einen Brief geschrieben, Adresse hinterlassen und die Plastikflasche ins Wasser geworfen. Natürlich schrieb ich mir die Adresse auf, machte Fotos und schrieb eine nette Antwort. Was man halt so macht, wenn man eine Flaschenpost findet. Da wir dem Jungen aber gerne noch weitere Post bescheren wollten, warfen wir die Flasche erneut in den Rhein.
Weit ausgeholt und – schwupps, gute Reise, kleine Flasche! Doch kaum hatten wir uns umgedreht, blickten wir in das zornige Gesicht einer Frau, die da am Ufer saß. Wir gingen an ihr vorbei, doch sie sah schweigend und kopfschüttelnd weg. Das sind so Momente, in denen ich mich frage: Wie wäre es mit ansprechen? „Entschuldigen Sie, haben Sie gerade Müll ins Wasser geworfen“ – „Das war eine Flaschenpost für einen kleinen Jungen.“
So einfach könnte es sein. Stattdessen: Ein stummes Urteil, wegsehen, grimmiges Unverständnis.
Vielleicht bin ich naiv, aber ich werde auch weiterhin am Prinzip höfliche Kommunikation festhalten. Und hoffen, dass ich nicht die Ausnahme bin.
P.S.: Die Familie antwortete übrigens auf meine Flaschenpost-Post – bedankte sich und zeigte Bilder von dem Jungen, wie er die Nachricht ins Wasser warf. So kann es auch laufen!