Sommerliches Sinneserlebnis

 
0 Mag ich
1 Sekunde

von der Sonne geblendetDie Luft flirrt. Ich spüre jede Faser meines Körpers und doch scheine ich ihn nicht mehr kontrollieren zu können. Zu stickig hier. Zu schwül. Vor mir ein kleines Mädchen mit blonden Zöpfen, die im Ryhthmus des Motors leicht auf und ab schwingen. Ein Hund sitzt daneben, die triefende  Zunge weit aus dem Maul hängend. Sein Herrchen, ein dicker Mann im Jogginganzug, schnauft und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Alles dreht sich.

Ich muss mich setzten, brauche einen Schluck klares Wasser oder noch besser eine eiskalte Dusche. Ausgeschlossen. Der Bus ist so voll von schwitzenden, stinkenden, eng aneinander gepressten Leuten, dass mir selbst der letzte Rest Luft zum Atmen genommen wird. Ich muss durchhalten. Zitternd lehne ich mich an die vibrierende Wand und schließe die Augen. Einfach nur durchhalten. Meine Beine scheinen mich zu Boden zu ziehen, blind taste ich am Fensterrahmen entlang. Mit aller Kraft, die ich noch aufbringen kann, umklammere ich den schwitzigen Griff, als ich ihn gefunden habe. Einfach festhalten, solange kann es nicht mehr dauern. Endstation Fontanestraße. Endstation Fontanestraße…

Meine Finger rutschen in jeder Kurve am geriffelten Griff entlang. Nur mit größter Mühe gelingt es mir, mich auf den Beinen zu halten. Der Bus ruckelt, bleibt unter Anstrengung stehen. Luft! Doch nein, die Tür klemmt, zu viele Menschen versperren den Ausgang ins Freie. Nur ein dünner Spalt lässt ein wenig warmen Wind in den überfüllten Bus. Ein alter Mann schimpft vor sich hin, drängt sich durch die Menge. Ob er einen Weg nach draußen findet, bekomme ich nicht mehr mit, der dicke Mann, der bei dem ruckartigen Halt gegen mich geplumpst ist, nimmt mich momentan voll in Anspruch. Verzweifelt versuche ich, ihn von mir wegzudrücken, aber es scheint, er nimmt mich gar nicht wahr. Mein rechter Arm ist verdreht, kaum gelingt es mir, mich weiterhin festzuhalten. Als der Dicke auch noch Anstalten macht, sich umzudrehen, lösen sich meine Finger zwangsweise von dem rutschigen Griff und ich werde ziemlich unsanft gegen das Fenster gedrückt. Der Bus setzt sich wieder in Bewegung, was meiner Position allerdings nicht mehr schadet. Das heißt nicht mehr schaden kann, denn noch weiteres Zusammendrücken ist bei mir im Moment wohl  gar nicht mehr möglich .

Corinna Günther

Ich bin eine sprachbegeisterte Hobby-Fotografin mit Liebe zum Detail. Seit der Lektüre von Pascal Merciers "Nachtzug nach Lissabon" verliebt in die Philosophie, möchte ich das Leben im Alltag mit mehr Achtsamkeit beobachten, genießen und verknüpfen.

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